Geschichte

Bäderzug auf der Strandbahn. Foto: Archiv Alfred Moser
Ein Bäderzug um 1902 auf der Strandbahn. Foto: Archiv Alfred Moser

Von allen deutschen Inselbahnen war die auf Amrum die mit Abstand erfolgloseste - und das trotz recht günstiger Ausgangsbedingungen. Schon 1939 wurde nach nur 46 Betriebsjahren der Betrieb auf der fast 12 Kilometer langen 900 mm-spurigen Schmalspurbahn zwischen den Landungsbrücken bei Norddorf (mit HAPAG-Schiffsanschluss nach Hörnum und Hamburg) und in Wittdün nach einer beispiellosen Folge von unglücklichen Umständen und Misswirtschaft wieder eingestellt.

Obwohl die Bahn bereits seit vielen Jahrzehnten nicht mehr existiert, nimmt sie im Bewusstsein der Insulaner immer noch eine Sonderstellung ein. Die einstige Linienführung der Bahn lässt sich auch heute noch auf Luftbildern und anhand der Radwege gut verfolgen.

Die wichtigsten Eckdaten der Amrumer Inselbahn sind in der nachfolgenden Zeittafel aufgeführt. Über Ergänzungen und Korrekturen freuen wir uns immer. Zur besseren Orientierung hilft unsere Streckenübersicht.

Zeittafel

1889 Auf Amrum werden erste Tendenzen zur Öffnung der Insel für den Bädertourismus sichtbar: An der unbewohnten Südspitze entsteht ein Badehotel, ebenso das Hotel Satteldüne westlich von Nebel. Nördlich von Amrum wird im Folgejahr das Seehospiz eröffnet. Auf Amrum gibt es ansonsten keinerlei Infrastruktur bis auf einige Pfade zwischen den vier Inselsiedlungen.
1890 Im Süden der Insel wird die Ortschaft Wittdün speziell für die Badegäste gegründet und erhält eine Landungsbrücke für die Fährboote. Aus Sorge vor einem Sittenverfall durch die »Badeleute« wollten die Insulaner die Badelustigen an diesem Ort außerhalb ihrer Dörfer konzentrieren. Das Kurhaus und mehrere Hotels entstehen. Am 10. Mai wird die Badekonzession erteilt. Der Ort vergrößert sich sehr rasch.
1893 Strandbahn 1893-1900 Um den Fußweg von über 4 Kilometern über den Kniepsand zwischen Wittdün und der offenen Nordsee zu überbrücken, wird im Sommer 1893 eine »Dampfspurbahn« entlang des Wittdüner Strandes bis auf den Kniepsand durch die Aktiengesellschaft Wittdün und Amrum (AGWA) gebaut. Bei Fertigstellung im September ist die Saison aber bereits vorbei, eine Betriebserlaubnis steht aus.
12.02.1894 Bei einer Sturmflut wird die noch ungenutzte Strandbahn auf fast ganzer Länge zerstört und muss mit großem Aufwand wiederhergestellt werden.
20.07.1894 Die AGWA erhält nun auch die Konzession zum Betrieb einer »Straßenbahn«. Die Lok Wittdün nimmt zusammen mit zwei fabrikneuen pferdebahnähnlichen Wagen den Betrieb auf. Richtung Wittdün schiebt die Lok.
1900 Strandbahn 1900-1901 Nach nur sechs Jahren Betrieb sind die feinen Badegäste der dampfenden Bahn am Wittdüner Wattstrand überdrüssig. Die Verantwortlichen verbannen sie aus dem Ortsbild und verlegen die Endhaltestelle 1,7 km weiter Richtung Westen an das Wriakhörn. Die verbliebene Streckenlänge beträgt nur noch 2,5 Kilometer und führt vollständig über den Hochsand. Von Wittdün aus wird ein Bohlenweg angelegt, mit dem die Badegäste zu Fuß zur Bahn gelangen können.
10.04.1901 Baubeginn einer ortsverbindenden Inselbahn auf Amrum zwischen Wittdün und Norddorf, wobei die Bahn durch den Ort von Wittdün bis an die Landungsbrücke durchgeführt wird. Auslöser ist das Vorhaben der HAPAG, von Hamburg aus wegen der besseren Erreichbarkeit Hörnum (Sylt) anstelle von Wittdün anzulaufen. Man einigt sich, dass die HAPAG-Dampfer an einer noch zu bauenden Landungsbrücke im Norden Amrums auf der Höhe von Norddorf ebenfalls anlegen. Die Verkehrswege über die Insel dorthin fehlen jedoch völlig.
01.07.1901 Strand- und Inselbahn 1901-1909 Eröffnung der Strecke Wittdün - Nebel mit Streckenführung entlang der Dünenkette unter Anbindung des Leuchtturms und des Hotels Satteldüne. Süddorf erhält einen Haltepunkt in größerer Entfernung zum Dorf. Gleichzeitig wird eine Verbindungsstrecke vom westlichen Ortsausgang von Wittdün zum Endpunkt der Strandbahn am Wriakhörn gebaut, so dass auch der Kniepsand wieder in direkter Fahrt erreicht werden kann und der lange Fußweg für die Badenden entfällt. Dafür entsteht am seeseitigen Streckenende auf ein Umfahrgleis, damit die Strandbahnzüge für den Rückweg nach Wittdün nicht mehr geschoben werden müssen. Am Abzweig wird der Betriebsbahnhof gebaut.
1902 Eröffnung der Strecke Nebel - Norddorf - Norddorf Landungsbrücke. In Nebel entsteht dabei aufgrund ungünstiger Ortslage ein Kopfbahnhof. Zwei neue Jung-Dampfloks mit den Bezeichnungen Amrum I und Amrum II werden angeschafft, außerdem drei neue Personenwagen von Busch und fünf Güterwagen.
01.01.1905 Die Schleswig´sche Inselbahn AG, eine Tochterfirma der AGWA, übernimmt die Inselbahn.
1907 Nach der Insolvenz der AGWA und der Schleswig´sche Inselbahn AG gerät die Inselbahn in Zwangsverwaltung.
1908 Inselbahn 1909- Noch immer steht die Bahn unter Zwangsverwaltung. Nach ständigen Problemen mit der Trasse wird die Strandbahn zum Kniepsand noch 1908 aufgegeben und bis auf einige hundert Meter Gleis zwischen dem Betriebsbahnhof und Wriakhörn abgebaut.
1909 Die Zwangsverwaltung endet am 23.06.1909. Die Elektrizitätswerke GmbH Düsseldorf übernehmen den Betrieb und haben vom Leuchtturm abzweigend aus eine neue Stichstrecke zum Kniepsand gebaut, die nur wenige Meter weiter nördlich den Badestrand erreicht. Damit kann der Strand weiterhin direkt von Wittdün aus angefahren werden. Gleichzeitig wurde das gesamte Streckennetz elektrifiziert.
10.09.1909 Drei neue, von der Norddeutschen Waggonfabrik AG in Bremen gebaute straßenbahnähnlichen Elektrotriebwagen mit 700 V Gleichstrom, rollen das erste Mal zwischen Wittdün und Norddorf. Wegen der andauernden Versandung des Kniephafens muss die Landungsbrücke bei Norddorf aber aufgegeben und durch eine neue Konstruktion nahe des Seehospizes ersetzt werden. Die Strecke verlängert sich dadurch um rund 1,5 km.
08.1910 Ein Brand des E-Werkes setzt zunächst einen Schlussstrich unter die kurzlebige elektrische Episode, und die völlig heruntergekommenen Dampfrösser müssen reaktiviert werden.
1911 Zum 01.03.1911 gerät die Inselbahn erneut in die Zwangsverwaltung, diesmal unter der HAPAG. Erst Mitte 1911 fahren die elektrischen Triebwagen wieder. Sie kommt einigermaßen finanziell wieder zu Kräften. Später Übergabe an die Inselgemeinde Amrum als Zweckverband.
17.10.1918 Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges und das Ausbleiben von Gästen sorgen erneut für leere Kassen, und zum Stichtag muss der Betrieb mangels Mittel eingestellt werden. Das ungenutzte Gleis zum Wriakhörn wird abgebaut und zu Geld gemacht.
01.1920 Die »Amrumer Inselbahn AG« entsteht, die die immer noch existierende Oberleitung wieder abbaut und gewinnbringend verkauft. Die Inselbahn erwirbt als Gebrauchtkauf eine vierte Dampflok.
1925 Die Inselbahn soll sich in einem »erbärmlichen« Zustand befinden. Umfangreiche Investitionen stehen an. Zwei Jahre später wird immerhin versucht, innerhalb von Wittdün eine Klinkerpflasterung auf der Straße zu realisieren, die damit die erste befestigte Straße der ganzen Insel darstellt.
1931 Aufgrund ihres schlechten Zustandes wird die Inselbahn erneut unter Zwangsverwaltung der Aufsichtsbehörde gestellt. Der Inselbahnbetrieb wird verpfändet und gerät an die Wyker Dampfschiffahrts-Reederei. Als Tochterunternehmen wird jetzt die »Amrumer Inselbahn GmbH« gegründet, die jedoch ebenfalls weitgehend erfolglos einen Betrieb aufrecht erhält.
1937 Nach zahlreichen Versandungen wird der Norddorfer Anleger unbrauchbar. Erneut muss ein neuer Anleger rund 500 Meter weiter nördlich gebaut werden.
1938 Auch im Hinblick auf die steten Probleme mit der Inselbahn wird im Herbst der Bau einer befestigten Straße zwischen Wittdün und Norddorf beschlossen, der 1939 von Norddorf aus beginnt und bis Nebel durchgeführt wird. Danach ruhen die Arbeiten wegen des Kriegsausbruchs. Erst 1950 werden die Bauarbeiten Wittdün erreichen.
31.10.1939 Letzter Betriebstag der Amrumer Inselbahn. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges lässt auch den Tourismusbetrieb schlagartig ausbleiben, so dass die verbliebenen Verkehrsaufgaben der Bahn von dem rudimentären Straßenverkehr übernommen werden.
1940
Schöning: Die Amrumer Inselbahn. Nordhorn 1996.
hmhebsaker.de/bahnland/historie/indxamre.html
Abbau der Gleisanlagen. Im Winter 1940/41 wird der Schiffsanleger bei Norddorf durch Eis- und Seegang unbrauchbar und wird nicht weiter repariert.

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